Bund der Diplominhaber der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademien Bundesverband  e. V. (BDIVWA) Bezirksverband Göttingen e. V. Wappen des BDIVWA

Unschuld

Eine Stadt am Meer. An ihren Rand gewirbelt: ein Dutzend Personen, deren Wege sich kreuzen - Schuldbeladene, die nach Unschuld schreien, und Ratlose, die Sinn suchen, indem sie Schuld auf sich laden wollen. Da gibt es die blinde Stripteasetänzerin, die für die Sehenden tanzt, und manchmal Seherin ist. Die Philosophin, die eine Philosophie über die Unzuverlässigkeit der Welt entwickelt hat. Der Chor der Autofahrer, deren Wut sich gegen den stauverursachenden Selbstmörder richtet. Der Immigrant Fadoul, der 200000 Euro; in einer Plastiktüte findet, für ihn Beweis seiner Auserwähltheit. Frau Habersatt, die um Vergebung für die Verbrechen ihrer nicht existenten Söhne bittet. Elisio, der von Selbstvorwürfen gemartert wird, weil er eine Frau nicht aus dem Meer retten konnte. Dea Loher zeigt in Episoden kaleidoskopartig ein gegenwärtiges Deutschland, das Teil eines orientierungslosen Europa ist.

Pressestimmen:

"Short Cuts: Achtzehn Szenen mit sieben Menschen ziehen an uns vorüber, Reisende wie auf einem Bahnhof. Sieben Menschen, die sich über den Weg laufen, ein wenig Schicksal füreinander spielen und weiterziehen...Schröder und Bush, Fische im Aquarium: Davor bewegen sich die Figuren der Dea Loher mal slaptickhaft, mal in autistischer Manier. Die Autorin schafft keine psychologisierenden Porträts - der Sinn ist das, was man sieht. Eine längst aus den Fugen geratene Welt, komisch und traurig zugleich, in der ein Chor von genervten Autofahrern einen Selbstmörder anfeuert, endlich von der Brücke zu springen. Hetze vor Humanität. That's life. Dea Lohers UNSCHULD besticht in Göttingen als emotionsloser Totentanz, ein Reigen böser Bilder aus Deutschland, der wie beiläufig von unser aller Herzensträgheit erzählt. Gestützt wird er vor allem durch eine präzise Ensembleleistung: Holger Stockhaus als versponnener Elisio mit naivem Blick auf die Welt, Meinolf Steiner als Fadoul, der an Gott glaubt und schließlich doch mit dem Kapital vorlieb nimmt, Wiebke Mauss als neurotisch einsame Frau Habersatt und nicht zuletzt Absolut, der Martina Hesse ein spürbares Vertrauen in die Welt mitgibt. Vielleicht sind die Sehenden blind und die Blinden Seher. Stürmischer Beifall zur Premiere."(HNA)

"Träume vom Leben im Konjunktiv. Dea Loher geht durch die Gesellschaft, macht Momentaufnahmen und montiert ihre Stichproben nebeneinander. Ein düsteres Bild entsteht: Fast alle Figuren stehen kurz vor ihrem Untergang, saufen ab, klammern sich an ihre "Bauklötzchenträume". Visionen und Ideen haben sie nicht mehr, auch kein Mitleid, genau wie der omnipräsente Talkmeister-Präsident. Verloren ist der Glaube an einen Sinn oder einen Gott, verloren sind sie selbst. Bestenfalls an das Geld glauben sie noch, vielleicht an die Naturwissenschaft, doch wie sich zeigen wird, entkommt auch diese nicht der "Unzuverlässigkeit" der Welt. Metz inszeniert dieses von Verzweiflung und Paradoxie durchdrungene Abrechnungsstück, in dem es nur so von Selbstmördern, Fatalisten, Versehrten, Liebeshungrigen und Zynikern wimmelt, mit einem rabenschwarzen Humor. Er bedient sich einfallsreich der Verfremdung des epischen Theaters.... Es lässt sich darüber streiten, ob die absurde Komik gelegentlich zu dick aufgetragen wurde; ihr Vorteil ist, dass sie die Inszenierung davor bewahrt, in Kitsch und Betroffenheitstheater abzugleiten. Lohers Stück stellt eine enorme Herausforderung dar, derer sich das Ensemble gewachsen zeigt. Eindringlich sein Spiel, ein Höhepunkt schließt an den nächsten. Die Aufführung ist mehr als einen zweiten Besuch wert, einmal sollte man sie jedoch gesehen haben." (GT)

Inszenierung: Stefan Metz, Bühne: Julia Hattstein, Kostüme: Karen Simon. Mit Imme Beccard, Linda-Moran Braun, Florian Eppinger, Lutz Gebhardt, Martina Hesse, Wiebke Mauss, Elsbeth May, Valerie Oberhof, Johannes Nehlsen, Meinolf Steiner, Holger Stockhaus..

Bericht

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Stand: 21.01.2004 © BDIVWA Bezirksverband Göttingen 2010