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Besichtigung der Fa. Mahr GmbH, Göttingen


Besuch bei der norddeutschen High-Tech-Tochter eines schwäbischen Unternehmens

"Measurement Valley"
Nur wenigen "Insidern" ist bekannt, daß Göttingen auch in der Meß- und Regeltechnik eines der führenden Innovationszentren auf der Welt ist, vergleichbar z. B. mit dem Silikon Valley in Kalifornien. Wesentliche Grundlagen der Meßtechnik sind bereits im 19. Jahrhundert von bedeutenden Wissenschaftlern der Universität entwickelt worden, u. a. von Carl Friedrich Gauß, unterstützt durch zahlreiche, damals neu gegründete Werkstätten für Laborausrüstungen und Meßgeräte. Heute beschäftigen sich mehr als 35 Firmen mit einem Jahresumsatz bis zu 400 Mio. EURO auf höchstem Niveau mit Fertigungs- und Labormeßtechnik unterschiedlichster Ausprägung.

In der Meßtechnik sind mehrere tausend Mitarbeiter direkt oder indirekt beschäftigt. In Göttingen hergestellte Produkte markieren in vielen Bereichen die spitze des technischen Fortschritts. Die Präzision der Meßtechnik aus Göttingen ist wegweisend für die Weiterentwicklung von Forschungs- und Produktionstechnologien weltweit. Gemeinsam ist allen Firmen aus dem "Measurement Valley" die bedingungslose Ausrichtung auf Qualität und Innovation.

Eines dieser Unternehmen ist die Firma Mahr. Seit fast 70 Jahren produziert die Firma Mahr in Göttingen Präzisionswerkzeuge. Bis 1995 unter dem Namen Feinpruef. Warum wurde die alte Bezeichnung aufgegeben? Die Inhaber des Familienunternehmens wollten mit dem Namen die Verbundenheit der verschiedenen Unternehmen unter dem einheitlichen Namen nach außen demonstrieren. Denn im Jahre 1861 gründet Carl Mahr in Esslingen eine Firma zur Herstellung von Meßwerkzeugen. 1936 gründen die Nachfolger Carl und Oskar Mahr in Göttingen die Firma Feinpruef.

1955 entwickeln Feinpruef-Ingenieure die ersten pneumatischen Längenmeßgeräte. 1963 werden die Elektronik für Längenmeßgeräte und die Zahnradmeßmaschine entwickelt.

Der Konzern wird weiterhin als Familienunternehmen geführt. Die Geschäftsführung hat strenge Ansprüche an Familienmitglieder, die in Führungspositionen gelangen wollen.

Der Umsatz des Konzerns betrug 2003 128 Mio. EURO. Der Exportanteil beträgt 60 %. Der Konzern hat weltweit ca. 1850 Beschäftigte. In Göttingen ist die Zentrale. Es gibt 16 Auslandsgesellschaften. Die jüngste ist seit 2003 in Suzhou (China). In Göttingen sind ca. 750 Beschäftigte. Davon sind 55 Auszubildende. Die Qualifikation der Ausbildungsbewerber in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie und Deutsch muß sehr gut sein. Die Auszubildenden erreichen regelmäßig in überregionalen Vergleichen Spitzenplätze. Nach dem Tarifvertrag werden die Auszubildenden nach dem Abschluß für ein Jahr übernommen.

Es gibt ein ausführliches Fortbildungskonzept, daß allen Beschäftigten offensteht. Die Konzernsprache ist Englisch. In vielen Ländern sind Servicestationen eingerichtet, damit Ausfälle von Produktionsanlagen minimiert werden.

Nachdem wir von Frau Möller, Personalreferentin, begrüßt und die vorstehenden Informationen erhalten hatten, hat uns Herr Fuchs, Leiter der Ausbildungsabteilung für Industriemechaniker, einen groben Überblick über die Produktionspalette der Firma gegeben.

Für die Produktion der Mahr-Erzeugnisse werden die meisten Teile selbst hergestellt. An die eingesetzten Materialien wird ein hoher Qualitätsmaßstab angelegt.

Obwohl der Name Mahr für die Verbraucher nicht im Bewußtsein ist, werden doch von vielen Produkte benutzt, die mit Hilfe von Erzeugnissen der Firma Mahr hergestellt wurden.

Mahr-Erzeugnisse werden

  • als Meßgeräte für die Qualitätssicherung eingesetzt

  • als Bauteile in Produkte eingebaut oder

  • direkt zur Produktion benutzt.

Die Meßgeräte werden als Handmeßmittel oder als Meßsysteme produziert. Die Meßgeräte arbeiten zum Teil im µ bis zum Nano-Bereich (1 Millionstel mm). Diese Technik ist für die Produktion unverzichtbar, weil sie genauer und präziser arbeiten als andere und damit eine hohe Qualität der Produktion erlauben. Alle Meßgeräte haben einen digitalen Anschluß, so daß die Messungen aufgezeichnet werden können.

Die Fa. Mahr ist die Nummer 3 im Weltmarkt der dimensionellen Messtechnik.

Die Mahr Metering Systems GmbH (2001 in Göttingen gegründet) fertigt Pumpensysteme und Kugelführungen.

Präzisions-Kugelführungen von Mahr werden immer dann eingesetzt, wenn es um gleichmäßige und hochgenaue Führungen geht. Kugelführungen werden im Maschinenbau und in der Feinwerktechnik, im Apparate- und Vorrichtungsbau, in der Optik, der Medizintechnik und anderen Bereichen als Standardbauelemente eingesetzt. In den Kugelkäfigen der Kugelführung sind die Kugeln auf einer Schraubenlinie angeordnet. Dadurch bewegt sich auch bei einer reinen Drehbewegung jede Kugel auf einer eigenen Bahn. Es ergibt sich ein besonders gleichmäßiger Lauf. Die Kugelführung bietet eine hohe Belastbarkeit durch die im Vergleich zu anderen Lagertypen große Anzahl von Kugeln in einem Kugelkäfig. Dazu kommt die Leichtgängigkeit und Präzision eines Kugellagers, das absolut spielfrei ist.

Es werden Präzisions-Zahnradpumpen produziert, die z. B. in der Automobilproduktion den Verbrauch von Lacken reduzieren und eine gleichmäßige Lackschicht garantieren.

Mit den Planetenspinnradpumpen werden Microfasern gesponnen. Hier ist besonders wichtig, daß die Geräte bei Temperaturen von ca. 350° über Jahre ohne Unterbrechung produzieren. Dies setzt voraus, daß die Materialien aus einer besonderen Legierung bestehen und mit spezieller Härte ausgestattet werden. Die einzelnen Elemente dürfen auch nicht durch Verschleiß ihre ursprünglichen Abmessungen verlieren, damit immer die gleiche Menge durchfließt.

Nachdem uns Herr Fuchs anhand einer kleinen Ausstellung die allgemeinen Erläuterungen gegeben hatte, konnten wir uns die Produktion ansehen.


Foto: M. Tappe
Herr Fuchs vor den Schauvitrinen

Herr Fuchs erläuterte uns die einzelnen Produktionsschritte für die Herstellung der Präzisions-Zahnradpumpen. Beim Gang durch die Produktion stand uns zusätzlich Herr Mertens, Ausbilder in der Abteilung Industriemechaniker, für Erläuterungen und Auskünfte zur Verfügung.

Nach der Besichtigung der Produktionsabläufe konnten wir einige Meßsysteme in Aktion sehen. Für diese Systeme muß nicht nur die Technik selbst stimmen, sondern es kommt auch auf das gesamte Umfeld wie horizontale und vertikale Ausrichtung der Meßeinheit und des Meßgegenstandes, die Raumtemperatur sowie der erschütterungsfreie Aufbau des Untergrundes an. Die sogenannte Formmessung erlaubt die hundertprozentige Aussage über die geometrischen Abweichungen einer Bremsscheibe, eines Kolbens oder einer Kurbelwelle.

Die Oberflächenmeßtechnik wird z. B. auch für die Erfolgsmessung von Hautcremes verwandt.

Hauptkunden der Fa. Mahr sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau, feinwerktechnische Betriebe (auch aus den Bereichen Optik und Elektronik) und - für Zahnradpumpen - die Hersteller von Synthesefasern, Elastomeren, deren Zulieferer und allgemein die kunststoffverarbeitende Industrie.

Für Ihre Kunden gibt die Firma Mahr ihr Kundenmagazin “Mahr Exactly” in einer Auflage von 21.000 Stück heraus, das den Kunden interessante Messaufgaben und deren technische Lösungen aufzeigt, neue Produkte vorstellt sowie Informatives aus der Mahr-Welt berichtet.

Wir bedanken uns bei Frau Möller sowie den Herren Fuchs und Mertens für die überaus ausführlichen Erläuterungen und interessanten Ausführungen während der Führung durch die Produktion. Wir werden uns bei vielen Produkten sagen: "Hoffentlich wurde die Qualitätsprüfung bzw. die Produktion mit Mahr-Systemen durchgeführt."

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Stand: 02.11.2004 © BDIVWA Bezirksverband Göttingen 2010