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Besichtigung der Göttinger Sport- und Freizeit GmbH & Co. KG
Badeparadies Eiswiese Vortrag und Besichtigung



In der Eingangshalle zum Badeparadies wurden wir vom Geschäftsführer der Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co. KG, Hans-Joachim Perk, empfangen. Im Besprechungsraum im 1. Stock war alles für den Vortrag „Struktur und Arbeitsweise der Göttinger Sport und Freizeit GmbH im Zuge des Übergangs vom öffentlichen Sektor zur freien Wirtschaft“ vorbereitet.


Foto: M. Scholle
Hans-Joachim Perk

Herr Perk begann seinen Vortrag mit einer Beschreibung der Sportsituation im Jahre 1974 in Göttingen, als er Leiter des Sportamtes der Stadt wurde. Es gab eine Sporthalle, heute gibt es 16 Hallen, die größer sind als die damalige. Neben dem Freibad Brauweg (seit 1927) gab es Freibäder in Grone und Weende (1953/54) und das Hallenbad (1971). Alle Sportstätten wurden durch das Sportamt als städtische Verwaltung betrieben. Im Laufe der Jahre wurden weitere Sportstätten - überwiegend für die Schulen - gebaut.

Zwischenzeitlich wurde das Sportamt als Regiebetrieb der Stadt als Sport- und Bäderamt eingerichtet. Der entscheidende Impuls zur Herauslösung aus der städtischen Verwaltung und Gründung der GmbH ergab sich 1996: Das städtische Hallenbad in der Innenstadt mußte von Grund auf renoviert werden. Die Frage war, ist es sinnvoll, sehr viel Geld in ein veraltetes Hallenbad zu investieren, für das in der Innenstadt keine Erweiterungsmöglichkeiten bestehen. Eine langanhaltende und kontrovers geführte öffentliche Diskussion fand dann doch in dem Beschluß des Stadtrates ein Ende, das Hallenbad abzureißen und an anderer Stelle einen Neubau für bis zu 25 Millionen DM zu errichten. Gleichzeitig wurde das Sport- und Bäderamt aufgelöst. Die Aufgaben wurden in einen Eigenbetrieb „Bäder der Stadt Göttingen“ überführt.

Die Konstruktion des Eigenbetriebes erlaubte es, Anteile an der Elektizitäts-Aktiengesell­schaft Mitteldeutschland als gewillkürtes Betriebsvermögen auf diesen Betrieb zu übertragen und damit anrechenbare Steuern für den Betrieb zu realisieren. Für die Stadt Göttingen finanzierte sich damit der Bau des Freizeitbades ohne eigene Verschuldung.

Baubeginn des Badeparadieses Eiswiese war im Februar 1997 und die Inbetriebnahme im September 1998. Die Planung war von 360 000 Besuchern im Jahr ausgegangen; bereits im 1. Jahr wurden 540 000 Besucher gezählt. Entscheidend für diesen Erfolg war die Anbindung durch den Stadtverkehr und die Anlage von 420 für die Besucher kostenlosen Parkplätzen. Die Baukosten betrugen 25,6 Millionen DM. Verschiedene Nachinvestitionen in den Jahren 1999 - 2003 erforderten 1,05 Mill. Euro. 2004 werden ein Schwimmerbecken (12,5 x 25 m) und ein Lehrschwimmbecken (6 x 9 m) in einer Schwimmhalle angebaut. Damit verfügt das Badeparadies über folgende Wasserflächen:

Bezeichnung Wassertiefe Maße Fläche Grad C
Schwimmerbecken 1,80 m 16,66 x 25 m 420 m² 28 °C
Schwimmerbecken 1,80 m 12,5 x 25 m ca. 313 m² 28 °C
Lehrschwimmbecken 1,10 m 6 x 9 m 54 m² 28 °C
Erlebnisbecken max. 1,35 m   325 m² 30 °C
Spielbecken max. 0,90 m   100 m² 30 °C
Planschbecken 0,20, 0,30 und 0,40 m   57 m² 32 °C
2 Warmsprudelbecken     30 m² 37 °C
Rutschenbecken     10 m² 30 °C
Außenbecken 1,35 m   200 m² 32 °C
Thermal-Solebecken max. 1,40 m   116 m² 34 °C
Sole-Außenbecken 1,35 m   50 m² 34 °C
Außen-Tauchbecken max. 1,40 m   20 m² 6 °C
Gesamte Wasserfläche Ca. 1.695 m²  

Die bereits großzügige Saunalandschaft soll im Jahre 2005/2006 noch erweitert werden. Die Sole für die Solebecken wird von der Saline Luisenhall GmbH in Göttingen geliefert.

Im Jahre 2001 Umwandlung des Eigenbetriebs zur Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co. KG. Anlaß war der erforderliche Bau der Sporthalle in Weende, deren Finanzierung durch die Umwandlung günstiger war. 2003 wurden auch die Jahnsportanlagen, einschließlich Stadion sowie die Tennisplätze auf den Schillerwiesen auf die GmbH als Eigentümer übertragen. Im Aufsichtsrat sind Vertreter des Stadtrates sowie Arbeitnehmervertreter. 2004 wurde die Betriebsführung für die restlichen Sportanlagen der Stadt Göttingen ebenfalls übernommen.

Für das Badeparadies, drei Freibäder und die oben genannten Sportanlagen beschäftigt die GoeSF ca. 80 Kräfte, davon 55 Kern und 25 über verschiedene Vertragsformen. Für die Betriebsführung der städt. Sportstätten stehen 17 städtische Mitarbeiter zur Verfügung.

Von 1994 bis 2003 hat die Stadt Göttingen durch die Umwandlung im Bereich Sport 3,7 Mio. Euro eingespart.

Die GmbH & Co. KG hat einen betrieblichen Umsatz in Höhe von rd. 3,7 Mio. Euro. Es werden ca. 60 % Gesamtkostendeckung erreicht. Im Badeparadies ist eine Kostendeckung von 72 % zu verzeichnen, ohne Zinsen und Abschreibungen liegt dieser Wert bei 103 %. Die Bilanzsumme beträgt 66,2 Mio. Euro. In der Bilanz werden 86,3 % Eigenkapital ausgewiesen.

Im Jahre 2005 werden allein im Badeparadies 670 000 Besucher erwartet. Zudem werden im Bereich der Saunalandschaft Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen durchgeführt.

Die Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co. KG ist Gesellschafter der WM-Quartier Göttingen 2006 GmbH. Es bestehen gute Chancen, daß zur Fußball-WM 2006 eine Spitzenmannschaft Göttingen als Quartier wählt.

Nach dem Vortrag über die rechtliche und betriebswirtschaftliche Entwicklung vom öffentlichen Sektor zur freien Wirtschaft wurden wir vom Techniker Holger Rudolf in die technischen Räume im Keller des Badeparadieses geführt. Hier erfuhren wir alles über die Badewasseraufbereitung, Raumlufttechnik/Heizung, Sanitärtechnik, Elektrotechnik und Betriebswasseraufbereitungsanlage.


Foto: M. Scholle
Die Teilnehmer verfolgen die interessanten Erläuterungen von Holger Rudolf (rechts)

Die Badewasseraufbereitung geschieht über sechs Kreisläufe. Die gesamte Wassermenge wird alle zwei Stunden komplett umgewälzt. Zur Desinfektion dient Natriumhypochlorid, das mittels einer Membranelektrolyseanlage direkt im Bad hergestellt wird.

Die gesamten raumlufttechnischen Anlagen sind in sechs Regelkreise mit einer Umwälzleistung von 100 000 m³/h Luft aufgeteilt. Um der Abluft möglichst viel Wärme zu entziehen, sind alle Anlagen mit Kreuzstromwärmetauschern ausgestattet.

Die verschiedenen Nutzungsbereiche des Bades werden ja nach Erfordernis mit Heizkörpern, Fußbodenheizung und bzw. mittels der raumlufttechnischen Anlagen beheizt. Zwei Kessel mit einer Leistung von 1 MW versorgen das Bad mit Heizenergie. Unterstützt werden sie von zwei Blockheizkraftwerken (BHWK). Diese BHWKs werden durch die Abgaswärmetauscher unterstützt, die das Duschwasser auf 25 °C vorwärmen. Im Sommer wird die überschüssige Wärme der BHKWs zum Aufheizen des Freibades Brauweg genutzt.

Das Duschwasser wird auf 38 °C vorgemischt. Die thermische Duschwasseraufbereitung erfolgt im Tauscherbetrieb, so daß Legionellen keine Überlebenschance haben.

Das Beckenwasser wird durch die hauseigene Grundwasserförderanlage aufgefüllt.

Etwa die Hälfte der gesamten elektrischen Energie wird über die BHKWs abgedeckt. Der Rest wird vom lokalen Versorgungsunternehmen bezogen. Durch ein E-Max.-Programm werden ggf. große elektrische Verbraucher kurzzeitig ausgeschaltet.

Als Pilotprojekt des Bundesumweltministeriums wird eine Anlage zur Aufbereitung von Schlammwasser zu Betriebswasser betrieben, die die verschmutzten Becken- und Filterrückspülwässer sowie das Duschabwasser entsprechend aufbereitet. Nach dem Durchlaufen des Prozesses hat es Trinkwasserqualität und kann damit als Füll-, Reinigungs- und Toilettenspülwasser genutzt werden.

Wir bedanken uns bei den Herren Perk und Rudolf für die ausführliche Erläuterung sowie die Führung durch die Unterwelt des Badeparadieses Eiswiese. Vor allem für die Teilnehmer aus Göttingen und Umgebung war der ausführliche Vortrag von Herrn Perk äußerst interessant. Im Anschluß an die Besichtigung nahmen die Teilnehmer die Einladung der Geschäftsführung zu einem Besuch des Badeparadieses dankend an.

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Stand: 23.03.2005 © BDIVWA Bezirksverband Göttingen 2010