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Besichtigung des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen - Moringen
Mannenstraße 29, 37186 Moringen


Am 26. April 2013 bestand die Möglichkeit zur Besichtigung des Fachkrankenhauses für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Moringen des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen, kurz MRVZN Moringen, welche von zahlreichen Mitgliedern des Bezirksverbandes Göttingen sowie einigen Mitgliedern der Absolventen-Gemeinschaft der Leibniz-Akademie Hannover e. V. (AGLA) zahlreich wahrgenommen wurde.

Der Verwaltungsdirektor Herr Dirk Bertermann übernahm die Besichtigung und führte anhand nachfolgender Fakten in das Wirken des MRVZN Moringen ein. Der gesamte Maßregelvollzug Niedersachsens besteht aus 3 Standorten. Dem Standort Moringen mit ca. 435 Patienten und 542 Vollzeitkräften; dem Standort Brauel mit ca. 132 Patienten und 138 Vollzeitkräften sowie dem Standort Rehburg mit ca. 89 Patienten und 104 Vollzeitkräften.

Alle 3 Standorte verbrauchen im Jahr ca. 69.194.000 EURO. Zählt man den Geldaufwand von privatisierten Abteilungen mit hinzu, ergibt dies ein Gesamtvolumen von 112.475.000 EURO im Jahr.

Die forensische Klinik Moringen besteht aus einem Aufnahmebereich, den Reha-Stationen, einer Patientenschule, einer Ergotherapie, den Werkstätten und einem Sozialzentrum. Im MRVZN gibt es Patienten im geschlossenen Vollzug und Patienten mit gelockertem Vollzug. Letztere dürfen das Gelände für Besuche von Angehörigen oder zum Einkaufen verlassen. Es finden ca. 20.000 Ausgänge im Jahr durch die dort untergebrachten Personen statt. Sich hierdurch ergebende ernsthafte Vorfälle belaufen sich auf ca. 1 Fall im Jahr. Unter dem Begriff des ernsthaften Vorfalls versteht man die Vergewaltigung oder den Mord während des Ausgangs. Herr Bertermann gab neben diesen Fakten auch Antwort auf die Frage, welche Straftaten zu einer Unterbringung in Moringen führen. Vorwiegend, das heißt zu 50%, handelt es sich um Straftäter/Patienten mit Sexualdelikten (Vergewaltigung, Pädophilie, sonstige sexuelle Gewalt). Weiterhin führen Mord, Totschlag, Brandstiftung, Eigentumsdelikte, Körperverletzung und Betrug zu einer dortigen Inhaftierung.

Das MRVZ Moringen hat als forensisch-psychiatrisches Krankenhaus ausschließlich gerichtlich untergebrachte Patienten zu behandeln. Dabei handelt es sich zum einen um verurteilte Patienten nach § 63 StGB.
Diese Rechtsnorm beinhaltet:
㤠63 StGB Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus.

(1) Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.“

Desweiteren sind im MRVZ Moringen auch Personen nach § 64 StGB untergebracht.
Diese Vorschrift beinhaltet:
㤠64 StGB Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

(1) Hat jemand den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird er wegen einer rechtswidrigen Tat, die er im Rausch begangen hat oder die auf seinen Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, wenn die Gefahr besteht, dass er infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Die Verteilung der derzeitigen Patientenzahlen im MRVZ Moringen nach diesen Rechtsnormen setzt sich nach vorausgegangener strafrichterlicher Entscheidung zur Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt wie folgt zusammen:

  • Ca. 310 Patienten sind nach § 63 StGB in Moringen untergebracht

  • Ca. 120 Patienten sind nach § 64 StGB in Moringen untergebracht

Davon haben ca. 60 Patienten die Straftat Mord oder Brandstiftung begangen. Desweiteren handelt es sich bei diesen untergebrachten Personen um ca. 150 Personen mit ausländischer Abstammung. Auch sind ca. 5 Sicherungsverwahrte in Moringen beherbergt.

Die statistische Behandlungszeit beträgt durchschnittlich 8,5 Jahre. Dieser Wert stellt das arithmetische Mittel aus wenigen Monaten bis Lebenslang dar.

Von Herr Bertermann wurde folgende statistische Zahlen des bundesweiten Maßregelvollzuges übermittelt:

Zahlen zum Maßregelvollzug in Deutschland Untergebrachte im MRV

  1985 1990 2003 2006 2008 2010 2011
§63 2472 2489 5118 5917 6287 6569 6620
§64 990 1160 2281 2619 2656 3021 3354
Ges. 3462 3649 7399 8536 8943 9590 9974

Die Rückfälligkeit bei Personen mit Verurteilung beträgt bei

  • Haftentlassenen aus einem Gefängnis: 56 %

  • Entlassenen Patienten aus dem MRV : 40 %

Rückfälle mit Gewalt- und Sexualdelikten liegen im MRV zwischen 4 % und 11 % bei aus dem MRV Entlassenen.

Quelle: www.nlkh-moringen.niedersachsen.de

Im Vorfeld der Führung konnten diese umfangreichen und höchst interessanten Erkenntnisse um das MRVZN Moringen gewonnen werden, welche für die Teilnehmer zu großem Erstaunen führte.

Im Anschluss wurden die Stationen 1 (Aufnahmebereich), die Station 9 (Wiedereingliederung in ein selbständiges Leben), die Station 18 (Fortsetzung der therapeutischen Ziele aus Station 9 mit integrierter Freizeitgestaltung, Selbstversorgung und vieles mehr), die Räumlichkeiten der Arbeitstherapie, die Patientenschule mit dem Physikraum sowie das Tierprojekt besichtigt. Der Rundgang sowie die Besichtigung endeten gegen 18:00 UHR.

Der Bezirksverband Göttingen bedankt sich nochmals herzlich bei dem Vortragenden Herrn Dirk Bertermann (Verwaltungsdirektor) für dieses Arrangement, Einblicke in die Tätigkeitsfelder des MRVZN Moringen vermittelt zu haben.


Marko Kaspari

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Stand: 07.05.2013 © BDIVWA Bezirksverband Göttingen 2013